Kopfüber und ohne Halt in der Krise:
Der „Gecko“ ist Zootier des Jahres 2024
Freundeskreis Zoo Landau e.V. ist erneut Silberförderer der Artenschutz-Kampagne
Im Aquarium des Zoologischen Gartens Köln wurde am 1. Februar das Zootier des Jahres 2024, der Gecko, vorgestellt. Das Team des Aquariums trägt mit der Erhaltungszucht maßgeblich dazu bei, verschiedene Geckoarten vor der Ausrottung zu bewahren. Zur Auftaktveranstaltung konnte unter anderem die Schirmherrin der diesjährigen Kampagne, die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) Sabine Riewenherm, einige der gefährdeten Geckos bewundern. Als Vorsitzender der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) e.V. und Direktor des Zoo Landau in der Pfalz nahm Dr. Jens-Ove Heckel an der Pressekonferenz in Köln teil.
Zu Pulver zermahlen, als Tee aufgebrüht oder in Alkohol eingelegt so endet manch Gecko und wird damit Opfer eines Aberglaubens, welches den Tieren besondere Heilkräfte zuschreibt. Dafür gibt es keinerlei wissenschaftlichen Beweise, doch die Nachfrage nach diesen vermeintlichen „Medikamenten“ steigt dramatisch. Generell sind Geckos mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bedrohungen konfrontiert. Diese reichen von der Verschmutzung und dem Verlust des Lebensraumes, Schäden durch invasive Arten, dem Klimawandel bis hin zur übermäßigen Absammlung für den Heimtierhandel oder der Verwendung in der traditionellen asiatischen Medizin und als Delikatesse. Zudem haben einige Geckoarten nur sehr kleine Lebensräume, weswegen negative Einflüsse einen großen Effekt auf die Überlebensfähigkeit der jeweiligen Populationen haben. Dabei faszinieren diese Reptilien uns Menschen, wenn sie sich mit speziellen Haftlamellen an den Zehen hervorragend auf glatten Flächen wie Blättern oder sogar Glas, oft auch über Kopf, sicher fortbewegen.
„Wir brauchen wirksame Instrumente und eine gute Zusammenarbeit, um bedrohte Geckoarten zu erhalten“, betont Sabine Riewenherm, Präsidentin des BfN. „Eine Verknüpfung von Maßnahmen im Lebensraum, also in-situ, und ex-situ in der Haltung unter Menschenobhut hat sich als besonders wirksam für einen effektiven Artenschutz herausgestellt. Dies entspricht auch dem sogenannten „One Plan Approach“ der IUCN. Projekte vor Ort, Behörden und zoologische Gärten müssen hierbei Hand-in-Hand arbeiten.“ Die IUCN (Internationale Union zur Bewahrung der Natur) verdeutlicht in einem neuen Positionspapier die Schlüsselrollen, die Zoologische Gärten an der Schnittstelle zwischen Ex-situ- und In-situ-Erhaltung spielen. Für Arten wie z.B. den Himmelblauen Zwergtaggecko in Tansania ist das besonders wichtig, denn sein gesamtes Verbreitungsgebiet umfasst nur acht Quadratkilometer. Bereits ein großer Waldbrand könnte die Art für immer verschwinden lassen.
Vietnamesische Geckos werden die Fokusarten der Kampagne
„In Vietnam kommen über hundert verschiedene Geckoarten vor, darunter Psychedelische Felsengeckos, Tigergeckos, Vietnam-Goldgeckos, Bogenfingergeckos und Reeves Tokehs. Viele vietnamesische
Geckos sind noch nicht einmal wissenschaftlich beschrieben worden aber bereits hoch bedroht“, berichtet Prof. Dr. Thomas Ziegler, Leiter des Aquariums des Kölner Zoos.
Besonders die charismatischen Tokehs - anpassungsfähige Kulturfolger und nützliche Insektenfänger - werden zu Hunderttausenden gefangen, getötet und zu angeblichen Wunderheilmitteln
verarbeitet. Mittlerweile sieht man die einst weit verbreitete Geckoart daher leider immer seltener. Vietnam-Goldgeckos sind ebenfalls stark bedroht, obwohl sie nicht als Medizin, dafür aber
als lokale Delikatesse gehandelt werden. Mittels Schlingfallen werden sie gefangen und als Lebensmittel auf den Märkten angeboten.
Die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP) wählt den Gecko zum Zootier des Jahres 2024
Da die Bestände vieler Geckos akut gefährdet sind und immer weiter abnehmen, sollen diese Tiere nun ein Jahr lang besonders im Rampenlicht stehen. „Mit der erneuten Unterstützung der Kampagne zu Zootier des Jahres wollen wir 2024 zusammen mit den Kampagnenpartnern und der Zoogemeinschaft Lobbyarbeit für gefährdete Geckos betreiben und gezielt konkrete Artenschutzprojekte vor Ort unterstützen“, sagt Landaus Zoodirektor Dr. Jens-Ove Heckel. Mit den Kampagnengeldern werden verstärkt Schutzmaßnahmen für verschiedene Geckoarten in Vietnam und Tansania umgesetzt und Umweltbildungsmaßnahmen gestartet. Spendengelder, die im Laufe dieses Jahrs gesammelt werden, verstärken die Reichweite der Aktivitäten.
In mehreren Regionen Vietnams werden etwa neue Erhaltungszuchtstationen errichtet oder bestehende Haltungen erweitert. Für die Projektarbeit werden benötigte Ausrüstungsgegenstände und Transportmittel finanziert. In Tansania hingegen wird mit den Kampagnengeldern ein neues Schutzgebiet ausgewiesen und aufgebaut, um den Lebensraum der Himmelblauen Zwergtaggeckos zu vergrößern und die inzwischen durch Lebensraumfragmentierung voneinander getrennten Geckopopulationen wieder zusammenzubringen. Damit die lokalen Bevölkerungen den Arterhalt der Geckos unterstützt, sollen auch sie von den Schutzprojekten profitieren. Die Projekte bieten Arbeitsplätze, auch im Ökotourismus, und fördert Initiativen, um den Menschen vor Ort eine Versorgung mit Lebensmitteln zu verbessern.
Die Kampagne „Zootier des Jahres“
Die „Zootier des Jahres“- Artenschutzkampagne wurde 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich für stark gefährdete Tierarten einzusetzen, die nicht so bekannt sind und deren Bedrohung bisher nicht oder kaum im Fokus der Öffentlichkeit steht. So konnten in der Vergangenheit beispielsweise wichtige Projekte für den Erhalt von Rotohraras in Bolivien, Scharnierschildkröten in Kambodscha oder Java-Pustelschweine in Indonesien realisiert werden. Bei den Bemühungen, die gesteckten Ziele für die im Fokus stehenden Arten zu erreichen, wird die ZGAP von ihren Partnern, der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ), der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG) und dem Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) unterstützt. Zusammen gelingt es, die für viele Arten notwendige Verknüpfung der In-situ- und Ex-situ-Artenschutzmaßnahmen umzusetzen und dadurch die besten Voraussetzungen für den Erhalt bedrohter Tierarten zu schaffen.